Putin

From: Karsten Johansen (kvjohans@online.no)
Date: Thu Mar 23 2000 - 22:06:10 MET

  • Next message: Oddmund Garvik: "Re: LM-rettsaka og ITNs falskneri."

    En analyse av Putin-regimet fra dagens taz, av Vadim Belozerkovsky.
    Det er ingen tilfeldighet at Blair fant seg særdeles godt tilrette
    med Putin, de er ganske like personlighetstyper: begge representerer
    varianter av den moderne "liberale" (i økonomisk forstand) middelstands-
    totalitarismen. Nihilistiske personligheter som representerer økonomismens
    og effektivitetens religion, som også vår egen statsminister, de kinesiske
    lederne, Clinton, bedriftsledere verden over osv. Kontur- og karakterløse
    gummimennesker med bare makta som ideologi. Putin er likevel spesielt
    russisk. Hans fremtoning leder tanken til Dostojevskijs beskrivelser av
    små anonyme byråkrater i de enorme komplekser en finner her. Han sier
    at hans forbilde er Napoleon, men ler så, og sier det bare var en spøk.
    Morsomt? Han er produktet av Vestens påvirkning på Russland etter murens
    fall kombinert med det russiske statsapparatets overlevelseskamp. Han har
    innsett at voldsapparatet er det sentrale i enhver statsmaskine, og
    begynner derfor sin gjenreisning av den russiske statsmaskina med å
    gjenreise hæren via felttoget i Tjetjenia, på samme måten som Thatcher
    gjenreiste den engelske i Falklandskrigen, CIA-mannen
    Bush gjenreiste den amerikanske moralen via felttoget i Gulfen og Blair
    ville stampe EU-statsmaskina opp via luftkrigen mot Serbia og det ideologiske
    liksomkorstoget mot Haider. Makten fornyes i krig, og det har disse folka
    innsett. Det er en erfaring som går helt tilbake til Cæsar.

    Karsten Johansen

    Wiedergeburt im Geiste des KGB

    Das Regime des Wladimir Putin ist nur möglich durch die Passivität der
    russischen Gesellschaft und die Unterwürfigkeit ihrer politischen Elite

    Nun haben uns also Jelzin und seine Umgebung einen Nachfolger aufgedrängt:
    Wladimir Putin - den Mann mit den eiskalten Augen, wie ihn einst der
    Menschenrechtler Sergej Kowaljow charakterisierte.

    Es scheint, dass der Oberst des KGB/FSB - des Geheimdienstes, der im
    Verdacht steht, an den Augustanschlägen in Moskau und Wolgodonsk(1)
    beteiligt gewesen zu sein - dank der Jelzinschen Verfassung fast zum Zaren
    einer riesigen Atommacht avanciert. Dabei: Er hat keine Erfahrung als
    Führungsperson im Staatsapparat. Niemand kennt bislang seine politischen und
    wirtschaftlichen Ansichten. Das Land steckt in einer tiefen Krise. Der
    Senkrechtstarter Putin kommt aus dem Nichts, dank eines vom "Jelzin-Clan"
    entfesselten schändlichen Krieges, mit dem blitzartig die Sympathie eines
    großen Teils des Volkes erkämpft wurde.

    Gibt es dafür eine Bezeichnung? Ein gewöhnlicher Jelzinismus?

    Wenn man darüber nachdenkt, was dieser tragischen Situation zugrunde liegt,
    fällt einem als Symbol der Sturm auf das Denkmal Dscherschinskis(2) vom
    August 1991 ein. Das Denkmal wurde entfernt, die Geheimdienstzentrale
    Lubjanka jedoch ließ man stehen. Ungeschoren kamen die Beschäftigten davon,
    die mit spöttischem Lächeln die Ereignisse von ihren Zimmern aus
    beobachteten. Alle anderen ehemaligen sozialistischen Staaten machten es
    umgekehrt: Sie entfernten die Bewohner der Lubjankas. Denn sie alle waren
    Mitarbeiter von Filialen der verbrecherischen, terroristischen Organisation
    KGB, die eine ebenso blutige Geschichte hatte wie Hitlers Gestapo. Bis heute
    dient in anderen einst sozialistischen Staaten die Entlarvung von früheren
    Verbindungen eines Politikers zu den "Organen" als Entlassungsgrund. Bei uns
    jedoch ist die Zugehörigkeit zum KBG eine Empfehlung, hohe Ämter bis hin zur
    Präsidentschaft zu bekleiden.

    Doch das Problem ist nicht nur unsere Nachsicht gegenüber den "Tschekisten".
    Das Hauptproblem ist, dass bei uns keine Revolution gegen die Nomenklatura
    stattgefunden hat.

    Die kommunistische Nomenklatura in Sowjetrussland, die alle Zellen der
    Gesellschaft durchdrang, war extrem hypertroph, unmoralisch und grausam.
    Gezüchtet unter Stalin, behielt und behält sie immer noch teuflische Züge
    und reproduziert sich. Jedes Milieu erzeugt eine künstliche und natürliche
    Auslese von Individuen, die ihren Traditionen und Erfordernissen am besten
    entspricht. Das, was nicht passt, wird ausgesiebt, hinausgedrängt oder
    bleibt auf den unteren Stufen der Hierarchie stehen.

    Dabei wäre es - nach dem gescheiterten Putsch gegen Gorbatschow vom August
    1991, unter den damaligen Bedingungen des politischen Wechsels in allen
    Zweigen und auf allen Ebenen der Macht - relativ einfach gewesen, sich von
    der kommunistischen Nomenklatur zu befreien. Jelzin und die hinter ihm
    stehenden "demokratischen" Nomenklatura-Kreise, die sich die
    Gleichgültigkeit und die Gutmütigkeit der russischen Gesellschaft zunutze
    machten, verhinderten das. In der Folge erdreistete sich Jelzin sogar, sich
    das als Verdienst anzurechnen: "1991 haben wir eine Hexenjagd und damit eine
    Revolution verhindert." 1992 begann die Nomenklatura(3) dann, ihre für das
    Land schädliche Reform durchzuführen und sich die Filetstücke der
    Volkswirtschaft unter den Nagel zu reißen.

    Jetzt, aus Furcht vor der im Volk entstandenen Unruhe als Resultat dieser
    Reform, initiiert die ehemalige kommunistische Nomenklatura (die sich jetzt
    Elite nennt) als Ablenkungsmanöver eine psychologische und politische
    Restauration der sowjetischen Weltsicht: so greift eine chauvinistische und
    antiwestliche Propaganda Platz, die Suche nach Feinden und Verrätern, die
    Wiederauferstehung des Militarismus und der führenden Rolle der
    Staatssicherheit. "Ich möchte Sie darüber informieren", scherzte Putin
    unlängst bei einer Zeremonie zu Ehren der Lubjanka, "dass eine Gruppe von
    Mitarbeitern des FSB, die zwecks geheimer Tätigkeit in der Regierung auf
    Dienstreise geschickt worden war, in der ersten Etappe ihre Aufgaben
    erfolgeich erledigt hat."

    Jetzt hat wohl die zweite Etappe begonnen - die Dienstreise in den Kreml.
    Wer ist dieser wichtige Dienstreisende?

    Zuallererst ist anzumerken, dass Putin weder die frühere Tätigkeit des KGB
    tadelt, noch sich seiner Arbeit dort schämt, sondern, im Gegenteil,
    demonstrativ seine Ehrfurcht ihr gegenüber bekundet. Im Frühjahr 1999 legte
    Putin aus Anlass von dessen 75. Geburtstag einen Kranz am Grabe Juri
    Andropows nieder - eines Mannes, der an der blutigen Niederschlagung der
    ungarischen Revolution von 1956 beteiligt war und die Praxis einführte,
    Dissidenten in psychiatrische Krankenhäuser zu sperren. Solschenizyn hat
    diese Krankenhäuser als "Gaskammern der Moderne" bezeichnet. Und kürzlich
    wurde im FSB, in Anwesenheit Putins, feierlich das 80-jährige Jubiläum der
    Staatssicherheitsorgane begangen.(4)

    Wladimir Putin als damaliger Chef des FSB und Sekretär des Sicherheitsrates
    trägt die direkte Verantwortung dafür, dass die Grenzen zu Tschetschenien
    für Geiselnehmer(5) nicht dicht gemacht wurden. Jeder, und besonders Putin,
    wusste nur zu gut, wie eine solche Grenze abzusichern ist. Warum das
    unterblieb, liegt auf der Hand: Im Interesse der Kremlgruppierungen und des
    Oligarchenkapitals, mit denen Putin sein Schicksal verknüpft hat, lag es,
    die gespannte Situation in Tschetschenien als Trumpf in der Hinterhand zu
    behalten.

    Verantwortlich ist Putin auch dafür, dass keine Maßnahmen ergriffen wurden,
    die den Überfall von Truppen der Rebellenführer Bassajew und Chatab auf
    Dagestan im August 1999 hätten verhindern können. Der FSB musste von der
    Vorbereitung dieses Überfalls gewusst haben, wenn er ihn nicht selbst
    provoziert hat. Nicht von ungefähr fiel der Überfall auf Dagestan zusammen
    mit dem Auftakt zum Präsidentschaftswahlkampf. Zudem hatte der Korrespondent
    der Wochenzeitung Moskowskije Nowosti, Dmitri Balburow, in der Ausgabe vom
    10. bis 16. August geschrieben, dass Tschetscheniens Präsident Aslan
    Maskhadow Moskau vor den Vorbereitungen eines Überfalls gewarnt hatte.

    Ein noch wichtigeres Ereignis, das den neuen Tschetschenienkrieg
    legitimierte, waren die Anschläge auf Wohnhäuser in Bujnaksk, Moskau und
    Wolgodonsk. Die Gegner dieses Krieges sagen, dass es bis jetzt keine
    gewichtigen Beweise für eine "tschetschenische Spur" bei diesen Anschlägen
    gibt. Bei alledem vergisst man oder fürchtet sich davor, über "die Spur" zu
    sprechen, auf die der versuchte Anschlag auf ein Haus in Rjasan(6) hinweist.

    Wir erinnern uns: Die Menschen in Rjasan, in Panik durch die vorhergehenden
    Anschläge, beobachten verdächtige Personen, die nachts Säcke im Keller des
    Hauses abladen. Sie benachrichtigen die Miliz, und diese entdeckt im Keller
    Sprengstoff und einen Zeitzünder. Aufgrund der Bedrohung werden die
    Hausbewohner evakuiert. Kurz darauf erklärt der neue Direktor des FSB,
    Patruschew, dass Mitarbeiter seiner Organisation mit dieser Aktion die
    Wachsamkeit der Bevölkerung und der Organe der Rechtspflege überprüft hätten.

    Selbst wenn die Anschläge das Werk tschetschenischer Terroristen gewesen
    wären und sie die Verantwortung dafür übernommen hätten, hätten diese
    Anschläge nie als Rechtfertigung dienen dürfen, um einen Krieg gegen das
    ganze tschetschenische Volk zu führen. Und eben auch - gegen das russische
    Volk. Angesichts der zerstörten Wirtschaft und des armseligen Budgets führt
    dieser Krieg unweigerlich zu einem beschleunigten Niedergang Russlands.
    Außerdem ist es sinnlos, gegen Terrorismus an den Rändern zu kämpfen, wenn
    man das Übel nicht da anpackt, wo es herkommt, nämlich in Zentral-Russland.

    Es geht also darum, nicht nur Putin zu "entlarven", sondern auch die
    Passivität der russischen Gesellschaft und ihre Unfähigkeit, das Böse zu
    erkennen.

    Vielfach zitiert wurde Putins Ausspruch "die Banditen noch auf dem Abort
    kaltmachen" oder, was den Krieg betrifft "den Nasenrotz nicht lecken", das
    heißt eine Sache nicht in die Länge ziehen zu wollen. Kaum jemand wurde auf
    etwas weit Schlimmeres aufmerksam - Putins Erklärung, dass die Russen
    "gegenüber den Tschetschenen keine Schuldgefühle haben sollten". Es findet
    in etwas mehr als hundert Jahren die vierte Kampagne zu ihrer Vernichtung
    statt.

    Was passiert, wenn ein Volk, das an der Vernichtung eines anderen Volkes
    beteiligt ist, sich vom Bekenntnis seiner Schuld und Verantwortung befreit?

    Die Anhänger Putins schärfen uns ein: "In Tschetschenien vollzieht sich die
    Wiederauferstehung der russischen Armee, festigt sich der Glaube an die
    Armee." Wie tief muss man sinken, um in der erfolgreichen Auslöschung eines
    Volkes, das zahlenmäßig der Bevölkerung eines Moskauer Stadtteils entspricht
    und im Vergleich zur russischen Armee unbewaffnet ist, die Wiedergeburt der
    Armee zu sehen? Diese Wiederauferstehung ist eine nationale Schande, der
    sich die Patrioten Russlands schämen sollten.

    Putin aber weist die Beschuldigung einer Ausrottung des tschetschenischen
    Volkes entschieden zurück: "Im Westen spricht man von zahlreichen Opfern
    unter der Zivilbevölkerung Tschetscheniens; doch wer hat wo die Opfer
    gesehen?" Getötete Zivilisten in großer Anzahl haben in Tschetschenien viele
    Menschen gesehen, jedoch besteht das Unsägliche darin, dass Putin in den
    rund 200.000 Flüchtlingen offenbar keine Opfer sieht. Man muss schon jede
    Fähigkeit zum Mitleid verloren haben, um nicht zu verstehen, dass auch
    Flüchtlinge Opfer sind.

    Das Lügengestrüpp, in das Putin und das ganze Land verstrickt sind, verletzt
    und entmutigt. Da sieht man Putin zusammen mit den Vorsitzenden der
    Dumafraktionen, wie er sich darüber ausslässt, dass die
    Präsidentschaftswahlen fair sein und für alle Kandidaten gleiche Bedingungen
    gelten sollen. Die Fraktionschefs schweigen und stimmen zu, anstatt diese
    Farce zu boykottieren. Das Ganze hat etwas Kafkaeskes. Zumal die Putin
    hörigen Staatsmedien gerade erst ihre maßlose Schmutzkampagne der
    Duma-Wahlen beendet haben. Putin hat dadurch eine gute Vorlage erhalten. Von
    fairen Wahlen kann keine Rede sein.

    Was bedeutet nun Putins Wahl zum Präsidenten? Eindeutig: Mit dem neuen
    Kremlherren und unter den Bedingungen einer moralischen
    Unzurechnungsfähigkeit der russischen Gesellschaft und besonders ihrer
    Eliten, die sich im Speichelleckertum gegenseitig zu überbieten suchen,
    erwartet das Land vor allem neue schwere Prüfungen und eine wachsende
    Grausamkeit dessen, was man als Jelzinismus, das heißt einen modernisierten
    Stalinismus, bezeichnen kann. Die Tschetschenen sind bereits Opfer dieser
    Grausamkeit geworden, und Putin wird sich "für eine abschließende Lösung der
    tschetschenischen Frage" einsetzen oder, wie er es elegant auszudrücken
    pflegt, für "die Durchführung der Operation bis zu ihrem logischen Ende".

    Ich würde den Menschen, die von der Demokratie enttäuscht sind, nicht raten,
    darauf zu hoffen, dass der neue Kremlherr mit einer "harten Hand" im Lande
    Ordnung schaffen kann. Das wird ihm nicht gelingen. Selbst wenn er über eine
    solche Hand verfügen würde. Eine Diktatur braucht, um effektiv zu sein,
    relativ fähige Schichten der politischen Klasse. Bei uns gibt es solche
    Schichten nicht, die "politische Klasse" ist durch und durch verfault.
    Deshalb wird es eine Diktatur wie unter Stalin nicht mehr geben. Doch das
    Risiko einer "weichen" Diktatur bleibt.(7) Wenn man beobachtet, wie die
    politische Elite vor Putin kapituliert und das Volk nur darauf wartet, sich
    immer wieder betrügen zu lassen, fallen einem die Worte die Worte des
    russischen Philosophen Nikolai Berdjajew ein: "Im russischen Volk und in der
    russischen Intelligenz ist der Beginn der Selbstzerstörung verborgen."

    Übersetzung: Barbara Oertel

    Anmerkungen

    (1) Bei den Anschlägen vom vergangenen August kamen rund 200 Menschen ums
    Leben. In der Folgezeit dienten diese Ereignisse der Regierung in Moskau
    immer wieder als Rechtfertigung für den Krieg Russlands gegen Tschetschenien.

    (2) Feliks Dscherschinski (1877-1926) gründete den bolschewistischen
    Geheimdienst Tscheka im Jahre 1917 und leitete deren Mitarbeiter, die so
    genannten Tschekisten, in den folgenden Jahren.

    (3) Die Nomenklatura, die hier gemeint ist, definiert sich nicht mehr, wie
    noch vor 1991, über die Kommunistische Partei, wenngleich in der Mehrheit
    personelle Kontinuitäten vorhanden waren. Nur ein Beispiel stellvertretend
    für viele ist der damalige russische Präsident Boris Jelzin, der mitsamt
    seiner Familie mittlerweile ein Milliardenvermögen angehäuft haben dürfte.
    Gleichzeitig ermöglichte die Situation nach dem gescheiterten Putsch von
    1991 auch anderen Personen einen Eintritt in die alte, neue Nomenklatura. Zu
    den Aufsteigern und Profiteuren gehört unter anderen der milliardenschwere
    Unternehmer und Medienzar Boris Beressowski.

    (4) Der Geheimdienst in Russland hat in den Jahrzehnten seines Bestehens
    mehrmals den Namen gewechselt. Aus der Tscheka wurde im Jahre 1934 der NKWD
    (Nationales Komitee für innere Angelegenheiten). 1946 mutierte der NKWD zum
    NKGB (Nationales Komitee für Staatsicherheit), um dann 1954 zum KGB (Komitee
    für Staatssicherheit) zu werden. Um einen Bruch mit dem alten System zu
    symbolisieren, verwandelte sich der KGB ab 1991 in den MSB (Ministerium für
    Staatssicherheit). Seit 1995 trägt die Organisation die Bezeichnung FSB, was
    so viel wie Föderaler Sicherheitsdienst bedeutet.

    (5) Seit dem Ende des ersten Tschetschenienkrieges im Jahre 1996 kam es zu
    einer wachsenden Kriminalität in der Kaukasusrepublik. Immer wieder erregten
    Geiselnahmen von Journalisten oder beispielsweise Vertretern internationaler
    Hilfsorganisationen Aufsehen. Diese wurden, teils von der russischen
    Regierung, teils (etwa bei Journalisten) von ihrem Arbeitgeber gegen
    horrende Summen freigekauft. Erst vor wenigen Tagen berichtete der
    Menschenrechtler Sergej Kowaljow in einem Interview, dass der Milliardär
    Boris Beressowski allein im vergangenen Jahr im Austausch für die
    Freilassung von Geiseln umgerechnet zwei Millionen US-Dollar an den
    tschetschenischen Rebellenführer Schamil Bassajew gezahlt habe. Jedoch nicht
    aus Nächstenliebe, so Kowaljow, sondern um den Überfall auf Dagestan
    vorzubereiten. Und dieser wurde zum Auslöser für den Tschetschenienkrieg. So
    gesehen ist das Engagement Beressowskis auch eine Art - wenn auch auf
    Umwegen - die Popularität Putins zu fördern.

    (6) Der Vorfall von Rjasan ereignete sich ebenfalls im August des
    vergangenen Jahres.

    (7) Dass die politische Klasse "verfault" ist, meint auch, dass sich deren
    Exponenten zu ihrem maximalen Nutzen in dem neuen System eingerichtet haben.
    Daher ist das Schüren der Angst vor einer "roten Gefahr" in Gestalt der
    Kommunisten, das bei vielen Wählern, aber auch bei verantwortlichen
    Politikern im Westen vor den letzten Präsidentschaftswahlen von 1996 noch
    verfing, weitgehend gegenstandslos geworden. Interessant ist, dass
    Belozerkovsky an dieser Stelle kein Wort über die Armee verliert. Zwar sind
    die Truppen in Russland derzeit in einem desolaten Zustand und stellen
    keinen Machtfaktor dar, wie in anderen Diktaturen. Dennoch macht das
    Beispiel des Tschetschenienkrieges Putins Bemühen deutlich, sich der
    Unterstützung der Armee zu versichern. Inwieweit er damit Erfolg hat, bleibt
    abzuwarten.

    taz Nr. 6100 vom 23.3.2000 Seite 4 313 Zeilen TAZ-Bericht Vadim Belozerkovsky



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